Einwilligung zur Erhebung unserer Daten und Rücknahme dieser Einwilligung aus ethischer Perspektive
Wenn wir uns Online bewegen, geben wir sehr oft die Einwilligung, dass Daten über uns erhoben und ausgewertet werden dürfen. Deutlich seltener nehmen wir diese Einwilligung wieder zurück. Eine solche Rücknahme findet oft statt, wenn wir unsere Privatsphäreneinstellungen in Apps ändern oder etwa einen Social Media Account löschen.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwiefern wir einen moralischen Anspruch oder das Recht auf die Rücknahme unserer Einwilligung haben. Auf den ersten Blick scheint es selbstverständlich, dass wir unsere Einwilligung zurücknehmen können. Ethisch stellt sich die Frage, ob jede Einwilligung eine Rücknahmemöglichkeit beinhalten muss. Dies wäre insbesondere dann plausibel, wenn Einwilligung unsere Autonomie schützen soll. Ohne Rücknahmemöglichkeit wäre diese Autonomie nicht gewährleistet. Es gibt jedoch zu viele theoretische Probleme mit dieser Annahme und zu viele Beispiele, in denen wir keinen moralischen Anspruch auf Rücknahme haben, als dass dieser enge Zusammenhang zwischen Einwilligung und Rücknahmemöglichkeit plausibel hergestellt werden könnte. Auch rechtlich ist die Rücknahmemöglichkeit im Privatheitsbereich wichtig und wird nur sehr selten eingeschränkt. So können etwa wichtige Forschungsinteressen eine Rücknahme rechtlich ausschließen. Die Rücknahmemöglichkeit muss als ethisch und rechtlich begründet werden und ist nicht automatisch in der Einwilligung enthalten.
Viel diskutiert ist, dass Einwilligungen Kompetenzen im Umgang mit Privatheitsfragen erfordern (Privacy Literacy). Doch auch die Rücknahme von Einwilligungen erfordert diese Kompetenzen. Wir müssen wissen, dass wir Einwilligungen zurücknehmen können, wir müssen wissen, wie wir die Einwilligung zurücknehmen können und wir müssen wissen, wann wir eine Einwilligung zurücknehmen sollten. Darüber hinaus muss uns natürlich überhaupt die Möglichkeit zur Rücknahme gegeben werden. Auch wenn dies aus rechtlicher Perspektive getan werden muss, wird uns diese Möglichkeit nicht immer gegeben.
Nicht nur bei der Einwilligung, sondern auch bei der Rücknahme, spielen daher Fragen von Benachteiligungen eine wichtige Rolle. Diese Benachteiligungen verlaufen, so wie bei der Einwilligung, nicht nur entlang klassischer Diskriminierungsmerkmale, sondern auch entlang von Kombinationen verschiedener Diversitätsmerkmale. Privacy Literacy ist hier keine zufriedenstellende Lösung, weil diese Gruppen (etwa Menschen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten) nicht in gleichem Maße über diese verfügen. Hieraus ergibt sich ein besonderer Schutzbedarf dieser Gruppen, der durch die Grenzen der Rücknahmemöglichkeit nicht gewährleistet ist.
Regulationen sind hier eine naheliegende Lösung. Beispielsweise könnten Einwilligungen in Datennutzungen so gestaltet sein, dass diese automatisch nach einiger Zeit auslaufen und eine Rücknahme hiermit nicht unbedingt notwendig ist. Neben diesen eher paternalistischen Lösungen stellt sich jedoch die Frage, wie bei einer fehlenden Privacy Literacy Rücknahmen dennoch selbstbestimmt organisiert werden können. Schon bei der Einwilligung besteht im Projekt DiversPrivat die Idee, dies über viszerale Reize zu gewährleisten. Dies wäre auch ein denkbarer Weg für Rücknahmen. So können viszerale Reize eine Art Erinnerung daran sein, dass eine Rücknahmemöglichkeit besteht und auch bedenkenswert ist.
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